Rotweinwanderweg Ahr 2023

Mit meiner Freundin Conny beschloss ich vor ein paar Jahren, dass wir uns keine Geburtstagsgeschenke mehr machen. Anstelle dessen wollen wir uns jährlich einen Wandertag gönnen. Da Conny in Koblenz wohnt und ich in Köln bietet sich der Rotweinwanderweg an der Ahr geradezu an. Soli-Rotwein-Wandern an der Ahr passt auch 2023 super.

Unsere erste Tour machten wir 2020 von Mayschoß nach Ahrweiler. Wunderbar entspannend, mit herrlichen Aussichten sowie hier und da einer kleinen Erfrischung in Form eines Wein-Tastings. Was gibt es besseres um Zeit miteinander zu verbringen.

Flutkatastrophe 2021 und Soli-Wein-Wandern an der Ahr

Dann kam der Juli 2021 – die Flutkatastrophe an der Ahr. Unfassbar was sich da in der Region abgespielt hat während und nach massiven Regenfällen in der Nacht vom 14. Aus den 15. Juli. Wen es genauer interessiert: Dazu gibt es unter anderem eine Infoseite beim WDR mit Berichten zur Flutkatastrophe.

Drei Monate nach der Katastrophe waren wir sehr unsicher, ob wir die Wein-Wanderung überhaupt machen dürfen. Doch es wurde seitens der Winzer und der ansässigen Bevölkerung dazu aufgerufen solidarisch zu wandern und zu konsumieren. Also hieß es für uns: Soli-Wein-Wandern an der Ahr! Es war erschreckend, was sich an Zerstörung vor unseren Augen eröffnete. Und es war zugleich unbeschreiblich toll, welche Energie und Unterstützung den armen Flut-Betroffenen zuteil wurde.

2023 – wie sieht es jetzt aus mit dem Ahrtal?

2021 mussten wir mit dem Bus nach Ahrweiler. Die alte wunderschöne Bahnstrecke war völlig zerstört. Seit 2022 ist es wieder möglich zumindest nach Walporzheim mit der Bahn zu fahren.
Wir beschließen dieses Jahr erneut Ahrweiler als Startpunkt zu setzen, um uns das Städtchen im aktuellen Zustand im Vergleich anzusehen.

Unglaublich, was die Menschen vor Ort in den zwei Jahren auf die Beine gestellt haben. So viel ist renoviert, saniert, wieder hergestellt. Ahrweiler, dieses mittelalterliche Städtchen, erblüht fast schöner als zuvor. Außerhalb der Stadtmauern ist noch das Meiste der Zerstörung seitens der Flutkatastrophe zu sehen.

Wir laufen durch Ahrweiler Richtung Dokumentationsstätte Regierungsbunker, vorbei an dem Museum Römervilla und biegen ab auf den Rotweinwanderweg. Nach einem ordentlichen Anstieg kommen wir zum Parkplatz für zwei Restaurants – Weinterrassen Försterhof (architektonisch inspiriert von Gaudi und Hundertwasser) und dem Altenwegshof. Außerdem geht es von hier aus zur „Bunte Kuh“ – ein Naturdenkmal mit Panoramablick. Danach gibt es zum Glück keine „Autowege“ mehr.

Den Teil zur „Bunte Kuh“ hatten wir bereits in den Vorjahren abgewandert. Zumal wir für unseren Lieblingsort-Pausenort, dem „Weingarten am Rotweinwanderweg“, einen kleinen Abstecher mit mittelprächtigen Anstieg in die andere Richtung machen müssen. Etwas abgelegen vom Rotweinwanderweg liegt dieser einladende Ort am Hang – mit berauschendem Blick Richtung Ahrtal. Wir packen, dort angekommen, unsere Verpflegung aus und gönnen uns einen 2022 Blanc de Noir Ahr Spätburgunder trocken vom der Winzergenossenschaft „Mayschoss Altenahr“. Wobei ich direkt bemerken möchte, dass nach zwei weiteren Weinproben auf dem Soli-Wein-Wanderweg an der Ahr dieser Blanc de Noir schlussendlich unser Favorit ist.

Wandern durch Ahrtal, Weinberge und deutsche Geschichte

Jetzt haben wir uns mit „Speis und Trank“ bestens erholt von der Fahrt. Weiter geht´s mit unserer Wanderung. Der Weg führt uns durch weitere Weinberge mit Weinbüdchen und sogar einer Grillstation (leider nur Würstchen) zur öffentlichen Gedenkstätte „Lager Rebstock“.
Das Lager Rebstock war ein Außenlager des KZ Buchenwald. Hier arbeiteten KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter. Gleichzeitig war „Rebstock“ ein Deckname für zwei Tunnel, die nicht nur der Bevölkerung während der Angriffe der Aliierten Schutz bieten sollten sondern auch als strategische Bahnlinie zur Entlastung der Reintalschiene gedacht waren. Etwas Zeit für diesen Teil der deutschen Geschichte und der Geschichte des Ahrtals aufzubringen lohnt sich. Die Gedenkstätte ist umsonst und draußen, gut gestaltet und informativ eingerichtet.

Kloster Marienthal – eine Oase verschont von der Flutkatastrophe

Das Kloster Marienthal liegt am Katzenbach (lustiger Name für einen Bach) – genauso wie die Gedenkstätte Lager Rebstock. Der schon von Weitem beeindruckende Blick auf das klösterliche Weingut mit Kirchenruine und altem Gemäuer bietet einen ansehnlichen Innenhof mit Gastronomie. Sehr gute Gelegenheit nach der Besichtigung der Gedenkstätte Rebstock eine kleine Pause mit Toilettenbesuch einzulegen. Wir haben uns hier einen Toilettenbesuch mit Ladenbesichtigung erlaubt. Anschließend gehen wir durch den Biergarten über einen schmalen Weg bergauf zurück zum Rotweinwanderweg.

Von weiter oben ist noch gut zu erkennen, was die Flutkatastrophe vor zwei Jahren angerichtet hat. Das ganze Tal mit Bäumen, Radweg, Straße, Bahntrasse und Häusern war damals weggefegt. Mittlerweile ist das Dorf Marienthal wieder halbwegs errichtet. Alles andere braucht noch Zeit. Spannend ist, dass die Bewohner:innen die katastrophale Situation nutzen um die Ortschaft mit einem eigenen Heizkraftwerk selbstversorgend aufzubauen. Mehr dazu zum Beispiel in einem WDR-Bericht.

Rotweinwanderweg – immer den Schildern folgen Richtung Dernau

Ein steiler Anstieg und schwups, sind wir an der nächsten Weinstation. Hier ist der Ausblick auf das im Tal liegende Dorf Dernau, welches ebenfalls nach der Flut stark zerstört war und die Weinberge umwerfend. Was dazu führte, dass es an der Weinstation richtig voll ist. Soli-Wein-Wandern an der Uhr! Wir sind nicht allein – es ist uns hier einfach zu voll.

Also laufen wir weiter. Blasmusik schallt den Berg hoch. Wir sind nicht wirklich begeistert. Irgendein Fest scheint in Dernau zu sein. Wie sich im Nachhinein rausstellte war es das Winzerfest Wein.Berg.Fest.. Musikalisch nicht unsere Liga. Erst recht nicht passend für „unseren“ Wandertag.

Erstmal Ahr-Wein trinken

Wir wandern also so am Hang entlang mit Blasmusik im Ohr und denken uns: „Es wird mal wieder Zeit für ein Weinchen.“ Da eröffnet sich direkt ein neue, gerade nicht sonderlich frequentierte Weinbude mit für uns passenderer Musik. Ganz erfreut und entspannt sitzen wir kurze Zeit später am Wegesrand zwischen den Rebstöcken, trinken Blanc de Noir vom Weingut „weiß ich nicht mehr“ und essen den Rest unseres Proviants.

Einfach wieder zurück nach Ahrweiler

So entspannt mit angenehmer Musik bedudelt merken wir – „Nein, nach Dernau möchten wir jetzt nicht“. Dernau, unser angedachtes Ziel, wird gecancelt. Und so wandern wir einen ähnlichen Weg jedoch oberhalb des Rotweinwanderwegs zurück nach Ahrweiler. Kurz vor dem Abstieg beschließen wir, dass die Tour mit einer weiteren Weinprobe abgeschlossen werden muss. So setzen wir uns auf Strohballen ( rechts – leider nicht im Bild) an der „Bergstation Weingut Kriechel“ und genießen nochmal die weite Sicht ins Ahrtal auf Ahrweiler mit den Weinbergen.

Soli-Wandern mit Pizza vor der Rückfahrt

Eigentlich wollten wir in Ahrweiler gemütlich zu Abend essen. Jetzt ist es 16.30 Uhr. Wir sind morgens um 8 Uhr gestartet und merken erste Anzeichen „großer“ Müdigkeit. Wir spüren die Sonne, die den ganzen Tag auf uns geschienen hat und wir wollen plötzlich beide nur noch nach Hause.

So entschließen wir uns anstatt des netten fetten Abendessens einen kleinen Abschlussimbiss zu uns zu nehmen. Wir stolperten auch direkt über die auf jeden Fall empfehlenswerten Pizzabude „Locanda Palentino“ mitten im altertümlichen Ahrweiler, an der Ahrhutstraße nahe dem Marktplatz. Leckere Pizza, nette Leute.
Als wir heute morgen um 10 Uhr in Ahrweiler ankamen war die Innenstadt verschlafen und leer. Jetzt sieht es ganz anders aus. Das kleine Städtchen Ahrweiler ist mit Menschen aller Altersklassen gut gefüllt, in den neu aufgebauten Läden wird bei entspannter Stimmung gerne konsumiert.

Wir checken unsere Zugzeiten und beschließen kurz nach 17 Uhr die Bahn Richtung Remagen zu nehmen um von dort aus nach Hause, also nach Köln und Koblenz zu kommen.

nach dem Rotwein-Wandern an der Ahr alleine in Remagen

Die Anschlussbahn nach Köln verpasse ich dann in Remagen um eine halbe Minute! Der Anschlusszug ist seitens der Bundesbahn richtig richtig schlecht geplant.
So darf ich Conny nachwinken.

Und jetzt? Ich entdecke vor dem alten prachtvollen Bahnhof Remagen ein Eisdiele und ein platzeinnehmendes Denkmal – den Martinsbrunnen. So hole ich mir, nachdem ich das Denkmal betrachtet habe, ein lecker erfrischendes Eis und setze mich auf den Bahnsteig, um die letzten Sonnenstrahlen des Tages in abendlicher Kulisse zu genießen. Und den schönen Soli-Wein-Wandertag an der Ahr nochmal vor meinem inneren Auge repassieren zu lassen.

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